Knackige Tagestour
Fährt man von Mittenwald nach Scharnitz, fällt der Blick zwangsläufig auf die markante Große Arnspitze. Jahrelang bin ich dort vorbeigefahren. Jetzt habe ich es endlich auf den Gipfel geschafft. In Zukunft werde ich mit anderen Augen vorbeifahren, wenn ich von Garmisch-Partenkirchen nach Innsbruck unterwegs bin.
Die Große Arnspitze, 2196 m, steht relativ frei zwischen Karwendel und Wettersteingebirge, rechnet aber noch zum Karwendel, obwohl dazwischen das Isartal verläuft. Jedenfalls trifft man unterwegs auf die Beschilderung „Naturpark Karwendel“.
Ich bin um 6 Uhr von Mittenwald gestartet. Dort habe ich auf dem Parkplatz an der B2 geparkt. Ich habe bewusst den längeren Weg für den Aufstieg gewählt, um dann – falls das Wetter umschlägt – den kürzeren Abstieg nach Scharnitz zu haben, wobei „kurz“ hier relativ zu sehen ist, wie sich später noch herausstellen sollte. Wichtig ist in jedem Fall, genug Wasser mitzunehmen. Denn unterwegs fand ich keine Wasserquelle.
Zuerst ist es erforderlich, ein Stück Richtung Mittenwald entlang der B2-Auffahrt zu laufen, bevor es links über die Isar nach Süden zum Riedboden geht. Wer es etwas kürzer haben will, kann auch dort am Sportplatz parken, gegen Parkgebühr.
Beim kurzen Anmarsch im Tal fällt im Westen der Blick auf die Obere Wettersteinspitze, 2297 m. Diese darf nicht mit der Großen Arnspitze verwechselt werden. Die Große Arnspitze ist von hier und in den nächsten Stunden nämlich erst einmal nicht zu sehen.
Nach 400 Meter trifft man auf die Abzweigung zur Großen Arnspitze: „5:20 Stunden“ heißt es dort. Nun, ganz so lang habe ich am Ende nicht benötigt. Ich war ziemlich genau eine Stunde schneller.
Der Aufstieg lässt sich in grob in drei Phasen aufteilen:
1. Steig durch den Wald zum Riedkopf,
2. Querung unterhalb der Achterköpfe,
3. Kraxeln bis zum Gipfel.
Der lange Weg durch den Wald erinnerte mich etwas an den Appalachian Trail in Nordamerika. Gegenüber blickt man auf das Karwendel mit der Birkkarspitze und dem Mittenwalder Höhenweg.
Sowohl Aufstieg als auch Abstieg verlaufen in großen Teilen entlang der Grenze zwischen Bayern und Tirol. Auf zahlreichen Grenzsteinen steht die Jahreszahl „1844“. Die Grenze geht zurück auf den Grenzvertrag zwischen dem Königreich Bayern und dem Kaiserreich Österreich, eben aus dem Jahr 1844. Genaueres weiß ich auch nicht.
Unterwegs traf ich auf eine Gämse, die sich aus dem Staub machte, und auf ein paar aufgeregte Birkhühner. Aber vielleicht waren es auch Alpenschneehühner. Ich kenne mich da leider nicht aus.
Schon nach der Abzweigung nach Leutasch, von wo ebenfalls ein Aufstieg möglich ist, kommt es immer mal wieder zu kleineren Kraxeleien. Sehr schön ist der Blick hinüber auf die Hohe Munde (wo ich auch schon gewesen bin) und die markante Gehrenspitze und überhaupt auf das Wettersteingebirge mit Leutascher Dreitorspitze, Hochwanner, Wettersteinwand und Wettersteinspitzen. Weit im Norden liegen Notkarspitze, Wank (der Garmischer Sonnenberg) und Krottenkopf (Estergebirge). Spätestens die Querung über Geröll unterhalb der Achterköpfe ist dann spannend und man muss schauen, dass man die roten Punkte nicht übersieht.
Dann wird die Arnspitzhütte der Sektion Hochland erreicht, laut Webseite eine Unterstandshütte mit 4 Notlagern. Die Bezahlung von 5 Euro erfolgt per Überweisung oder via PayPal. Ich bin die 50 Meter zur Hütte zwar nicht aufgestiegen, aber der Sektion Hochland für die Wegpflege sehr dankbar. Ohne diese würde ich ja nie auf die Große Arnspitze kommen. Die Alpenvereinsektionen leisten schon tolle Arbeit.
Nach der abschließenden leichten Kletterei erreichte ich den Gipfel, jedenfalls den höchsten Punkt. Das Gipfelkreuz steht nämlich auf einem etwas niedrigeren Nebengipfel. Natürlich wollte ich auch zum Gipfelkreuz gelangen. Das war dann der spannendste Teil der Tour und nicht ganz ohne. Man muss schon etwas aufpassen und darf nicht stolpern. Teilweise bin ich auf allen Vieren gekrabbelt. Von den drei weiteren Bergsteigern, die ich erst am Gipfel traf, verzichteten deshalb zwei auf das Gipfelkreuz. Aber auch ohne den Abstecher zum Gipfelkreuz ist es fantastisch, zumal der beste Blick ohnehin am höchsten Punkt besteht.
Unmittelbar gegenüber liegen die Mittlere Arnspitze und die Arnplattenspitze (2171 m, Hintere Arnspitze). Auf diese Gratkletterei habe ich jedoch verzichtet, auch wenn ich die Zeit dafür gehabt hätte. Der Grat erschien mir aber zu schwierig und außerdem war ich ja am höchsten Punkt. Der beeindruckende Blick auf die schräg abfallende Platte der Arnplattenspitze hat mir gereicht.
Von der Großen Arnspitze blickt man im Süden vor allem auf die Stubaier Alpen mit Serles, Habicht, Ilmspitze und Zuckerhütl, weiter rechts auf die Ötztaler Alpen mit der Wildspitze. Vor den Kalkkögeln liegt die Saile/Nockspitze (war ich schon). Wie so oft ist auch der Olperer (3476 m) zu erkennen. Als weitere prominente Gipfel zu nennen sind Schrankogel, Hoher Seeblaskogel, Strahlkogel, Ruderhofspitze, Piz Linard und Wilder Freiger. Meine App zeigte mir sogar die Marmolada an, bei 120 km Luftlinie durchaus denkbar, allerdings nur an ganz klaren Tagen und mit Fernglas.
Direkt gegenüber spitzt die Pyramide der Reither Spitze (da habe ich mal eine Überschreitung von der Eppzirler Alm über den Ursprungsattel gemacht) herüber, davor verschwimmen die Seefelder Spitze und das Seefelder Joch.
Beim Abstieg folgte ich an der Abzweigung nach der Arnspitzhütte dem Weg Richtung Scharnitz. Nach einer Weile ging es durch ein langes Geröllfeld. Hier muss ich mich verstiegen haben, denn der Steig verlief laut Komoot rechts von mir. Eigentlich wollte ich der Hasellähne (lt. Komoot) nach Nordosten folgen, um den kürzesten Weg zurück nach Mittenwald zu wählen. Vor lauter Geröll hat sich mir dieser Weg allerdings nicht erschlossen und ich bin mir nicht sicher, ob der Weg ob des Gerölls überhaupt begehbar gewesen wäre.
Deshalb entschied ich mich, den Normalweg nach Scharnitz abzusteigen und den längeren Umweg entlang der Isar zurück nach Mittenwald zu gehen. Der Steig nach Scharnitz war zum Schluss noch einmal recht anstrengend, Bäume lagen quer und manchmal war der Weg auch schlecht zu erkennen. Es zog sich jedenfalls.
Schließlich landete ich am Wanderparkplatz in Scharnitz, von wo ich zum Abschluss noch die 4 Kilometer entlang der Isarauen durch den Riedboden bewältigen musste. Aber ich ließ es gemütlich angehen, denn 9,5 Stunden gingen dann doch auf die Knochen.
Fazit: Mit der Großen Arnspitze ist ein kleiner Traum in Erfüllung gegangen und meine bucket list ist um einen Punkt kürzer geworden. In Zukunft wird kein Tag vergehen, an dem ich durch Mittenwald fahre ohne an diese Bergtour zurückzudenken.
Bilder-Galerie
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Die Große Arnspitze bei der Anreise
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Die Obere Wettersteinspitze beim Anmarsch
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Hohe Munde und Gehrenspitze
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Das Wettersteingebirge
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Karwendel-Blick
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Blick zurück nach Mittenwald
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Lange Querung unterhalb der Achterköpfe
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Blick zurück auf die Hangquerung
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Die Abzweigung nach Scharnitz
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Die Arnspitzhütte
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Ab hier wird es steiler
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Blick auf die Stubaier und Ötztaler Alpen
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Schöne Kraxelei
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Blick auf Eppzirler Tal und Reither Spitze
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Der Schlussanstieg
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Kein Kreuz am höchsten Punkt
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Blick zur Mittleren Arnspitze und Arnplattenspitze
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Blick hinüber zum Gipfelkreuz
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Reither Spitze und Seefeld
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Das Gipfelkreuz der Großen Arnspitze
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Blick zurück beim Abstieg
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Grenzstein von 1844
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Wunderschöne, grüne Isar