

Von Alpenüberquerern gefürchteter Pass
Der Schrofenpass ist ein unter Mountainbikern berühmt-berüchtigter Alpenpass zwischen Oberstdorf und Warth in Vorarlberg. Bei vielen Alpenüberquerungen ist es die erste Etappe. Ich hatte schon oft vom Schrofenpass gehört und gelesen. Nachdem ich kürzlich von Oberstdorf zum südlichsten Punkt Deutschlands wanderte und auf dem Weg dorthin einen Blick auf den Schrofenpass werfen konnte, hat es mich jetzt gereizt, den Schrofenpass selbst zu erkunden. Ich ließ es jedoch offen, ob ich den Pass mit dem Fahrrad überqueren würde oder zu Fuß.
Ich startete mit dem Mountainbike in Pfronten. Von dort fuhr ich zunächst nach Schattwald am oberen Ende des Tannheimer Tals. Diese Strecke kannte ich schon von einer früheren Mountainbiketour (Video). Dabei passiert man den Sorgschrofen, die südlichste Spitze der österreichischen Exklave Jungholz. Nur in einem Punkt neben dem Gipfel berührt Jungholz sein Kernland Österreich. Ansonsten ist Jungholz vollständig von Bayern umgeben – ein interessanter geographischer Aspekt.
Von Schattwald fuhr ich über den Oberjochpass (1201 m) über die alte Salzstraße nach Oberjoch. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts wurden hier mit Pferdefuhrwerken Salzfässer von Hall in Tirol über Bad Hindelang nach Lindau und Augsburg transportiert.
Vor Oberjoch passierte ich den Iseler mit dem Iseler-Klettersteig. Nach Oberjoch führt abseits der bei Motorradfahrern beliebten Serpentinenstrecke eine Abfahrt hinunter nach Bad Hindelang.
Weiter ging es Richtung Sonthofen und dann nach Süden bis Oberstdorf. Bei der Anfahrt auf Oberstdorf fiel der Blick auf den Widderstein im hinteren Kleinwalsertal, auf den ich erst kürzlich bei meiner Mindelheimer Runde geklettert war. Nach dem Illerursprung, wo Trettach, Stillach und Breitach sich zur Iller vereinigen, machte ich noch einen Abstecher zur bekannten Breitachklamm. Ich bin in etwa 1¼ Stunden einmal durch die Klamm hin und zurück gewandert. Die Klamm ist toll, die Partnachklamm und die Höllentalklamm bei Garmisch-Partenkirchen finde ich aber spektakulärer.
Danach suchte ich mir einen Campingplatz und landete in Rubi, kurz vor Oberstdorf. Dort nächtigte ich im Biwak-Sack, allerdings ohne Matte mehr schlecht als recht. In der Nacht wurde ich auch noch von einem Gewitter überrascht. Der Krustenbraten in der Dampfbierbrauerei hinter dem Bahnhof in Oberstdorf war dafür umso leckerer.
Am nächsten Tag startete ich bereits um 5:30 Uhr. Nach einem kurzen Frühstück beim Bäcker in Oberstdorf, fuhr ich um 6:15 Uhr ins Stillachtal, vorbei an der Skiflugschanze zur Talstation der Fellhornbahn bei Faistenoy. Dort begann kürzlich meine viertägige Mindelheimer Runde mit Klettersteig und zwei weiteren Berggipfeln, darunter der bereits genannte Widderstein.
Über Birgsau und Alpe Eschbach ging es im ruhigen Tal bis zur Abzweigung nach Einödsbach, dem südlichsten bewohnten Ort Deutschlands. Der Weg führte jedoch nach rechts in Rappenalptal, das 2022 traurige Berühmtheit erlangte, weil die Alpgenossenschaft den Rappenalpenbach auf einer Länge von 1,6 km ausgebaggert hatte. Die Renaturierung war offenbar einigermaßen erfolgreich. Mir sind jedenfalls keine Schäden aufgefallen. Aber ich weiß natürlich nicht, wie es ursprünglich ausgesehen hat.
Ab der Abzweigung geht es zunächst auf einem geteerten Waldweg leicht aber stetig bergauf bis zur idyllischen Buchrainer Alpe auf 1129 m, eine der letzten Alpensennereien im Allgäu. Dort wird Käse noch in traditioneller Weise im Kupferkessel über offenem Feuer hergestellt.
Die geteerte Straße reichte, soweit ich mich erinnern kann, bis zur Alpe Haldenwang auf 1310 m. Danach wird der Anstieg steiler, bis zur Speicherhütte auf 1495 m war es aber noch fahrbar. Für die 21 km bis zur Speicherhütte benötigte ich gut 4 Stunden. Ich habe mir nach der schlaflosen letzten Nacht aber auch viel Zeit gelassen.
Unterwegs fällt immer wieder die Beschilderung „Südlichster Punkt Deutschlands“ auf. Diesen Punkt hatte ich erst kürzlich bei meiner Mindelheimer Runde aufgesucht. Von der Speicherhütte wären das zwei Stunden.
Nach der Speicherhütte ist es vorbei mit fahren. Ich entschied mich, den Schrofenpass erst zu Fuß zu erkunden. In gut einer halben Stunde hatte ich die Passhöhe auf 1688 m erreicht. Und meine Entscheidung war richtig, denn im Unterschied zu zahlreichen anderen Mountainbikern verzichtete ich darauf, mein Fahrrad hinaufzutragen bzw. zu wuchten. Denn ein Großteil des Schrofenpasses ist zum Schieben nicht geeignet und es ist teilweise schon ausgesetzt und mit Drahtseilen versichert. Ich hatte aber viel zu viel Gepäck dabei. Mit beladenem Rackpack, Powerbanks, Abus-Fahrradalarm und Bügelschloss komme ich auf ca. 20 kg. Dazu die ca. 7 kg auf meinem Rücken. Das sind fast E-Bike-Dimensionen. Damit habe ich zwar schon den Fimberpass und die Uina-Schlucht gemeistert, der Schrofenpass ist aber im Vergleich schwieriger und sogar ausgesetzt. Auf einem warnenden Schild steht deshalb auch der Reim: „Joram Lieber Radlersmann, kommst du an diesem Schrofen an, trag dein Rad links, dann gelingt’s, trägst du aber rechts, dann den Hals dir brechst.“ Leider musste ich deshalb auf die Abfahrt nach Warth und die Weiterfahrt durchs Lechtal nach Reutte verzichten. Von Reutte hätte ich schön mit dem Zug nach Garmisch-Partenkirchen zurückfahren können.
So aber wanderte ich vom Schrofenpass zurück zur Speicherhütte. Am Berg gegenüber war das gesamte Panorama von der Mindelheimer Hütte über das Kemptner Köpfl und den Mindelheimer Klettersteig zu sehen. Von der Speicherhütte fuhr ich zurück zum Bahnhof nach Oberstdorf. Ich versäumte es jedoch nicht, mich auf der Buchrainer Alpe mit Käse einzudecken. Wenn man weiß, wo es herkommt, schmeckt es halt am besten. Außerdem warf ich noch einen Blick auf die beeindruckende Skiflugschanze von Oberstdorf. Diese Schanze ist ein ganzes Stück mächtiger als die Normalschanzen der Vierschanzentournee.
Fazit: Es war ein tolles Erlebnis. Den Schrofenpass kenne ich jetzt auch. Ein Haken mehr auf der bucket list. Den Schrofenpass muss ich nicht unbedingt mit dem Bike machen. Hauptsache, ich habe jetzt einen guten Eindruck gewonnen.
Bilder-Galerie
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Der Sorgschrofen, der südlichste Punkt von Jungholz
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Schöner Ortskern von Bad Hindelang
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Anfahrt nach Oberstdorf, rechts der Widderstein
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Der Illerursprung
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In der Breitachklamm
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Unbequeme Nacht
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Idyllische Buchrainer Alpe
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Aufstieg zum Schrofenpass
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Aufstieg zum Schrofenpass
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Aufstieg zum Schrofenpass
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Aufstieg zum Schrofenpass
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Aufstieg zum Schrofenpass
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Mindelheimer Hütte, Kemptner Köpfl und Klettersteig
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Tiefblick auf die Speicherhütte
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Abstieg vom Schrofenpass
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Neugierige Esel an der Speicherhütte
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Käseherstellung im Kupferkessel
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Verwunschene Trettachspitze, 2595 m
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Die Skiflugschanze von Oberstdorf