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Besuch bei Harley-Davidson und den Amischen
Fahrstrecke:
Hotel → wenige Meilen → Harley-Davidson-Werk → 3 Meilen → Colonial Courthouse → 30 Meilen → Discover Lancaster Visitor Information → ca. 50 Meilen → unterwegs im Amish Farmland → Hotel im Amish Farmland
In York besichtigst du das größte Motorradwerk von Harley-Davidson. Im Colonial Court House wurden die Articles of Confederation verabschiedet, der Vorläufer der amerikanischen Verfassung. Im Amish Farmland lernst du die Welt der Amischen kennen.
Nicht nur für Motorradfans ist die Harley-Davidson Factory Tour ein Erlebnis. Entsprechend groß kann der Andrang sein. Frühzeitiges Kommen ist empfehlenswert. Für die kostenlose einstündige Classic-Tour gilt: wer zuerst kommt, mahlt zuerst (first come, first serve). Vielleicht hast du aber auch die erweiterte, kostenpflichtige Steel Toe Tour vorab gebucht.
Das Visitor Center öffnet seine Pforten von Montag bis Freitag um 8 Uhr. Du kannst beobachten, wie die Fabrikarbeiter auf ihren heißen Maschinen zur Frühschicht kommen oder nach Hause fahren. Im Tour Center darfst du dich auf die ausgestellten Motorräder setzen. Hier ist Fotografieren noch erlaubt.
Die erste reguläre Tour startet um 9 Uhr. Abweichend davon begann meine Tour bereits um 8.30 Uhr. Taschen und Fotoapparate werden in einem der Schließfächer untergebracht. Kinder unter 12 Jahren müssen in der Kinderecke warten.
An der Werksbesichtigung darf man nur mit geschlossenen Schuhen teilnehmen. Das Tragen einer Schutzbrille ist Pflicht. Die Erläuterungen des Tour-Guide werden via Headset übertragen, denn in der Produktionshalle geht es laut zu. Nach dem obligatorischen Einführungsfilm fällt gleich zu Beginn der Führung eine Stahlpresse der Firma Schuler aus Stuttgart ins Auge. Alle 90 Sekunden, 260.000-mal jährlich, läuft ein Motorrad der Kultmarke vom Band. Es wird in zwei 10-Stunden-Schichten gearbeitet. Nach der Factory Tour findet jeder Motorradfan im Shop ein passendes Erinnerungsstück.
Die Stadt York kann einen ganz besonderen Platz in der amerikanischen Geschichte beanspruchen. Ende September 1777 flohen die Abgeordneten des Zweiten Kontinentalkongresses vor den Briten von Philadelphia über Lancaster nach York, um dort vom 30. September 1777 bis zum 27. Juni 1778 zu tagen. Während dieser Zeit wurden am 15. November 1777 im Colonial Court House die Articles of Confederation (Artikel der Konföderation), die Verfassungsrechte der Kolonien und der Vorläufer der Verfassung, verabschiedet. Erstmals wurde dabei in einem offiziellen Dokument die Bezeichnung „United States of America“ verwendet und York dadurch zur ersten faktischen Hauptstadt Amerikas beziehungsweise der 13 Kolonien. Ein Bronzeschild vor dem Gebäude weist stolz darauf hin. Das heutige Gebäude ist eine detailgetreue Rekonstruktion des ursprünglichen Hauses von 1754.
Amische und Mennoniten
Kannst du dir ein Leben ohne Auto, Smartphone, Fernsehen oder gar ohne jegliche Nutzung von Elektrizität vorstellen? Deine Antwort lautet wahrscheinlich „Nein“. Für die Amischen ist das dagegen Alltag. Sie haben sich für ein Leben ohne diese Annehmlichkeiten, die für uns und unseren Heimatplaneten Fluch und Segen zugleich sind, entschieden.
Das Amish Farmland beziehungsweise das Lancaster County ist das touristische Zentrum der Amischen und der Mennoniten. Eine weitere Hochburg der Amischen befindet sich im Staat Ohio.
Amische und Mennoniten haben ihren Ursprung in der protestantischen Bewegung der Täufer, abwertend auch als „Wiedertäufer“ bezeichnet, die sich von den lutherischen Reformen abgrenzen und Ende des 17. und im 18. Jahrhundert in Europa verfolgt wurden. Die Täufer lehnen die Kindstaufe ab, stattdessen wird die Erwachsenentaufe beziehungsweise Gläubigentaufe gepflegt, um eine freie Entscheidung zu gewährleisten.
Wie die Quäker aus England suchten die Amischen und Mennoniten als religiös Verfolgte eine neue Heimat in Amerika und fanden diese in Pennsylvania. Bis heute ist ein deutsch-englischer Dialekt erhalten geblieben, das sogenannte Pennsylvania Dutch. Daher rührt auch die Bezeichnung der Region als Pennsylvania Dutch Country, wobei „Dutch“ für das Wort „deutsch“ steht und nicht für die englische Übersetzung von „niederländisch“.
Heute Leben in der Region etwa 30.000 Amische. Die streng konservativen Amischen spalteten sich Ende des 17. Jahrhunderts von den Mennoniten ab. Während sich die Mennoniten den modernen Errungenschaften nicht gänzlich verschließen, verbietet die Glaubenstradition den Amischen jegliche Nutzung von Elektrizität, Autos und Telefon. Zwar beruhen die Regeln auf Freiwilligkeit, wer jedoch die Regeln nicht einhält, wird aus der Gemeinschaft ausgeschlossen.
Die Amischen vertreten die Auffassung, dass technische Annehmlichkeiten einer engen Gemeinschaft schaden. Wenn man die heutigen Auswirkungen von Smartphones und der Mediengesellschaft betrachtet, ist dieses Argument nicht von der Hand zu weisen. Eine sichtbare Folge der strengen Regeln sind Pferdebuggys, auf die man als Autofahrer Rücksicht nehmen muss.
Die Bekleidung der Leute ist sehr bescheiden. Männer tragen weiße Hemden, schwarze Hosen und Strohhüte, Frauen einfache, lange Röcke mit Schürze und altmodischen Häubchen. Auf auffällige Farben wird verzichtet, um die religiöse Demut zu unterstreichen. Die Kleidung gibt unter anderem auch Auskunft über den Familienstand, verheiratete Männer tragen einen Bart. Die Häuser der Amischen erkennt man auf den ersten Blick an den fehlenden Stromleitungen und der zum Trocknen aufgehängten Wäsche, denn die Amischen besitzen keine Wäschetrockner.
Für Außenstehende ist die Welt der Amischen fremd und kompliziert. Ich maße mir deshalb nicht an, die unterschiedlichen Lebensweisen und religiösen Ausprägungen im Detail zu verstehen. Beim Fotografieren ist jedoch Zurückhaltung geboten, zumal die Amischen Fotos von Personen als Götzenbilder ablehnen.
Wenn du wieder in Deutschland bist, empfehle ich dir, einen meiner Lieblingsfilme anzusehen, „Die Liebe wird dich finden in Charm“ (Love Finds you in Charm) aus dem Jahr 2015. Der Film erzählt die Geschichte einer jungen Amischen und ihrem inneren Kampf, den Verlockungen der großen, weiten Welt zu widerstehen.
Discover Lancaster Visitor Information
Für das Navigationsgerät:
501 Greenfield Road, Lancaster, PA 17601
Von York führt der Highway 30 nach Osten. Du überquerst den Susquehanna River und passierst nördlich die Stadt Lancaster. Die Discover Lancaster Visitor Information habe ich als ersten Anlaufpunkt im Amish Farmland gewählt, weil diese am Highway 30 ohnehin auf deinem Weg liegt. Du kannst weitere Informationen für deinen Aufenthalt im Amish Farmland einholen und dir eine kostenlose Karte geben lassen.
Es heißt zwar Lancaster Visitor Information und die 60.000-Einwohner-Stadt Lancaster wird regelmäßig in einem Atemzug mit den Amischen genannt, die Stadt selbst ist jedoch nicht amisch geprägt. So äußerte sich die Dame im Visitor Center: „Lancaster is not Amish“. Die Amischen leben in erster Linie auf dem Land, sie sind Farmer und Handwerker. Erwähnenswert ist jedoch, dass Lancaster am 27. September 1777 für einen Tag zum Regierungssitz wurde, als die Kongressabgeordneten vor den Briten aus Philadelphia flüchteten. Bereits einen Tag später zogen die Delegierten weiter nach York/PA (siehe vorheriger Abschnitt).
Das Amish Farmland ist Teil des Lancaster County und erstreckt sich östlich von Lancaster in einem circa 20 Meilen breiten und 50 Meilen langen Korridor. Das touristische Kernland der Amischen befindet sich zwischen den Ortschaften Strasburg und Bird-in-Hand sowie Intercourse. Hier sind die Wege kurz und du kannst zwischen den in der Karte eingezeichneten Zielen in wenigen Minuten hin- und herfahren. Ich gebe keine konkrete Ablaufplanung vor. Stattdessen überlasse ich es dir, aus den verschiedenen Angeboten je nach Interesse auszuwählen.
Ich empfehle die Besichtigung einer Ausstellungsfarm. Zu nennen sind die Anbieter Amish Farm & House (2395 Covered Bridge Drive, Lancaster, PA 17602) und Amish Village (199 Hartman Bridge Road, Ronks, PA 17572). Weiterhin ist der Blick in einen Quilt Shop sehenswert. Ein Quilt ist eine schmuckvolle Überdecke für Betten beziehungsweise ein Wandbehang und Teil der traditionellen Handarbeiten der Amischen. In den Geschäften werden vielfältige Textilien und Stoffe angeboten. Der Quilt Shop At Miller’s (2811 Lincoln Highway East, Ronks, PA 17572) und der Log Cabin Quilt Shop (2679 Old Philadelphia Pike, Bird-in-Hand, PA 17505) haben mir besonders gut gefallen. Vielleicht kommst du ins Gespräch und kannst dich in Pennsylvania Dutch üben.
Ein must-do ist der Besuch des Bird-in-Hand Farmers Market (2710 Old Philadelphia Pike, Bird-in-Hand, PA 17505). Die beliebte Markthalle ist freitags und samstags geöffnet, von April bis November auch mittwochs, von Juli bis Oktober auch donnerstags.
Du kannst auch eine Pferdekutschenfahrt (Buggy Ride) buchen. Angebote findest du an jeder Ecke. Natürlich nutzen die Amischen ihre Lebensweise, um an den Touristen zu verdienen, insbesondere durch den Verkauf von bäuerlichen Produkten und Kunsthandwerk.
In Strasburg gibt es außerdem die historische Ausflugsbahn Strasburg Rail Road und das Rail Road Museum of Pennsylvania (300 Gap Road, Ronks, PA 17572).
Im Red Caboose kannst du in historischen Eisenbahnwagen speisen (312 Paradise Lane, Ronks, PA 17572).
Bird-in-Hand
Bird-in-Hand ist ein außergewöhnlicher Name für einen Ort. Der Legende nach geht die Bezeichnung zurück auf das Jahr 1734. Zwei Landvermesser waren auf der Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Angesichts des bescheidenen Gasthauses befanden sie, dass »ein Vogel in der Hand besser sei als zwei im Busch«. So wurde die Taverne im Ort als »The Bird-in-Hand« bekannt. Und weil viele Leute nicht Lesen und Schreiben konnten, wurde ein Schild angebracht, das einen Farmer mit einem Vogel in der Hand zeigte. Hieraus entwickelte sich schließlich der Ortsname, und auch das Logo der Gemeinde zeigt einen Vogel in der Hand. An der Stelle des ehemaligen Gasthauses befindet sich heute das Bird-in-Hand Village Inn & Suites (2695 Old Philadelphia Pike, Bird-in-Hand, PA 17505).
Disclaimer
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